Keine Begeisterung über Rahmenvertrag
Unterhaltsamer Streit über das «Institutionelle Abkommen Schweiz-EU» und die Steuerreform im Kanton Zürich: Über 60 Personen folgten der Einladung der SVP Bezirk Bülach.
– von Matthias Hauser, Kantonsrat, Hüntwangen
21. August, Susann’s Beizli, Oberembrach: Auf SVP-Seite standen Nationalrat Fredy Heer und Kantonsrätin Romaine Rogenmoser, auf SP-Seite Nationalrätin Jaqueline Badran und Nationalrat Fabian Molina – Gesprächsleiter Kantonsrat Matthias Hauser in der Mitte, allesamt nicht aufs Maul gefallene Nationalratskandidaten. Während der Rahmenvertrag nicht in Frage kommt, muss man die Steuerreform annehmen (Sicht der SVP) oder genau umgekehrt (Sicht der SP). Beides Wirtschaftsthemen, beide haben mit Reaktion auf Druck aus dem Ausland zu tun. Soweit die Ausgangslage.
«Die EU will den Rahmenvertrag, da zum Binnenmarkt gemeinsames Recht gehört, wenn man dabei sein will, muss man akzeptieren, dass sich dieses weiterentwickelt», so Jaqueline Badran. «Damit wird in den Bereichen der bilateralen Verträge die Demokratie abgeschafft», so Fredy Heer. Dass mit der «dynamischen Rechtsübernahme» im Rahmenvertrag Abstimmungsresultate in Bund, Kanton und Gemeinden, welche auch künftigen Regelungen eines Bilateralen Vertrages widersprechen, nicht mehr wirksam sind, wurde von der SP bestätigt, aber anders gewichtet: Es gehe in den meisten Fällen um kleine Dinge wie Richtlinien, über die man schon heute nicht abstimme, aber ja, der Demokratieverlust sei unschön. Zur Information: Der Rahmenvertrag umfasst die bilateralen Abkommen zur Landwirtschaft, Verkehr, Forschung, Handelshemmnissen, öffentlichen Beschaffungen und Personenverkehr.
Der SP ist die europäische Integration wichtiger als die volle Mitbestimmung. Die SVP hingegen sieht bereits die nächsten Verträge in den undemokratischen Rahmen rutschen – nicht ganz unbegründet, denn die EU wollte das Freihandelsabkommen von 1972 in den Vertrag aufnehmen – stattdessen enthält der Rahmenvertrag erst die Absichtserklärung, das Freihandelsabkommen zu überarbeiten. Dann wären Subventionen nicht mehr möglich – zum Beispiel die Staatsgarantie der ZKB. «Heute ist dies nicht im Vertrag», so Badran.
Die hohe Mitbestimmung des Volkes gehört für die SVP zum Wesen der Schweiz und ist zentral. Zum Beispiel beim freien Personenverkehr. Heer: «Wenn Bedingungen ändern, muss Verträge neu aushandeln zwischen Partnern. Der Rahmenvertrag aber zwingt uns zur Übernahme von EU-Recht. So ist das Volk entmachtet und wir als Verhandlungspartner nicht ebenbürtig.» Im gleichen Dossier ist auch die SP mit dem Rahmenvertrag nicht ganz zufrieden: Der Schutz der Mindestlöhne, eine eigene flankierende Massnahme, könnten auf europäisches Niveau gesenkt werden. Fabian Molina «Es muss verhandelt werden, aber die Integration in den Binnenmarkt ist wichtig».
Steuervorlage 17 nötig für Gewerbestandort
Resultieren aus dieser Diskussion schlussendlich striktere Vorgaben zu Mindestlöhnen, wie sie viele Staaten kennen? Gegen höhere Kosten und mehr Reglementierung im Gewerbe kämpft Romaine Rogenmoser: Mit der Verknüpfung der Unternehmenssteuerreform und der AHV wurden Lohnkosten für die AHV erhöht. Nun muss man die dafür nötige geringe Senkung der Steuer auch in den Kantonen umsetzen, das ist eine Frage der Fairness. «Zudem», so Rogenmoser, «kommt es zu massiven Steuerausfällen, wenn Beteiligungs- oder Domizilgesellschaften wegziehen. Deshalb müssen wir Abzüge, wie es sie in vielen Ländern gibt, nicht zu knapp anwenden». Fabian Molina teilt diese Haltung grundsätzlich nicht: «Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen ist verheerend für die Finanzierung von öffentlichen Aufgaben.» Jaqueline Badran: «Das Fuder ist überladen». Fredy Heer: «Die leichte Senkung der Unternehmenssteuern geht in die richtige Richtung».